Blinden begegnen

Im Dunkel sich frei bewegen

BBSB-Bezirksgruppenleiter Walter Bichlmeier schilderte Erfahrungen eines Blinden.
Unterricht der besonderen Art erlebten die Drittklässler der Grundschule am vergangenen Donnerstag. Im Rahmen des Heimat- und Sachkundeunterrichts war Walter Bichlmeier vom Bayerischen Blinden- und Sehbehindertenbund e.V.- Bezirksgruppe Niederbayern zu Gast und berichtete auf kindgemäße Weise den Grundschülern von seinem Alltag als Blinder.
In der Aula erwarteten die Kinder der Klassen 3A und 3B neugierig den angekündigten Gast. Im Rahmen des Heimat- und Sachunterrichts hatten sich die Kinder mit den Sinneserfahrungen beschäftigt, besonders die Funktionsweise des Auges in den Blick genommen. Jetzt waren sie neugierig auf die Erfahrungen als Blinder, die Herr Bichlmeier gerne mit ihnen teilen wollte. Walter Bichlmeier vom Bayerischen Blinden- und Sehbehindertenbund (BBSB) berichtete zunächst, wie ihm mit 22 Jahren ein Motorradunfall das Augenlicht raubte und er sich auf ein völlig neues Leben als Blinder umstellen musste. Besonders Mut machte ihm dabei das Beispiel eines ortsansässigen Bekannten, den er schon vorher als Blinden mit aktiver Lebensbewältigung erlebt hatte.
Bichlmeier erzählte, wie er sich nach seinem Krankenhausaufenthalt mit einem speziellen Training in Veitshöchheim darauf vorbereiten musste, das Leben als Blinder selbstständig zu bewältigen. Dabei sei ihm zum Beispiel der richtige Umgang mit dem Blindenstock beigebracht worden, den er den Kindern auch vorführte. Walter Bichlmeier hatte auch noch etliche andere speziell für Blinde hergestellte Hilfsmittel mitgebracht. Ein kleiner Farbscanner zum Beispiel sagte den interessierten Schülerinnen und Schülern die verschiedenen Farben von Kleidungsstücken. Beeindruckend war auch wie Bichlmeier an seiner Armbanduhr die Zeit abtastete. Ein Päckchen „gezinkter“ Spielkarten, bei denen die Kartenwerte in Blindenschriftzeichen angegeben sind, faszinierte die Kinder ebenso wie ein „Mensch-ärgere-dich-nicht“-Spielbrett, auf dem die Spielfiguren gesteckt wurden und durch Tasten unterschieden werden konnten. Auch beim dazugehörigen Würfel konnten die Augenzahlen ertastet werden. Von vielen weiteren Hilfsmitteln berichtete Bichlmeier, die heutzutage den Sehbehinderten zur Verfügung stünden, wie etwa Einschenkhilfen, Telefonzeitungen oder sprechenden Fernsehern, die die laufenden Programme ansagten. Viele würden auch sprechende Computer wie „Alexa“ oder „Siri“ benutzen, um sich zu informieren. Im eigenen Lebensbereich sei vor allem eine strenge Ordnung wichtig, damit man abgelegte Gegenstände wieder finde. So habe sich Bichlmeier ein eigenes System für seine Schallplattensammlung angelegt. Für die Orientierung in seinem Heimatort Pilsting dienten ihm Gartenzäune oder Gerüche als Hilfen, so dass er sich in einem Umkreis von drei Kilometern gut zurechtfinden könne.
Die Kinder zeigten sich zu tiefst beeindruckt und fragten immer wieder neu nach, wie etwa auch nach der dunklen Brille, die Blinde tragen. Bichlmeier erklärte, dass es zwei Gründe gebe dafür, einmal zum Selbstschutz, dass sich Blinde keine weiteren Augenverletzungen holen, zum anderen auch, weil der ausdruckslose Blick blinder Augen auch verstörend auf Mitmenschen wirken kann. Die Klassen bedankten sich abschließend bei Herrn Bichlmeier und seiner Begleiterin mit einem kleinen Geschenk und hatten in der anschließenden Pause bestimmt noch viele neue Eindrücke zu besprechen.

Nicole Pielmeier

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